Zwiebel
Zwiebel (Küchenzwiebel) = Allium cepa // Amaryllisgewächs = Amaryllidaceae
Hinweis: Unterfamilie Lauchgewächse = Allioideae
Volk- und Flurnamen: Böllä, Zibel, Zwiefel, Zwibollä, Zwiewel
Geschichtliches
Die Zwiebel hat ihre Heimat vermutlich im westlichen Asien, wo sie bereits in der frühen Antike (um 3400 vor Chr.) als Gewürz- und Gemüsepflanze bekannt war. Es ist niedergeschrieben, dass die Arbeiter beim Pyramidenbau in Ägypten täglich mit einer Ration Lauch, resp. Zwiebelgewächsen versorgt wurden. Dies geschah möglicherweise, um verschiedenen Krankheiten in den dicht bevölkerten Arbeiterquartieren vorzubeugen. Küchenzwiebeln sind ein Grenzfall: Sie werden sowohl als Gemüse, als auch als Gewürze betrachtet. Im alten Testament findet man Aufzeichnungen, dass das Volk Israel auf seiner Flucht aus Ägypten in Richtung gelobtes Land sich teilweise durch Zwiebeln ernährt haben soll. Sowohl Zwiebeln als auch Lauch werden schon in alten Schriften aus Babylonien erwähnt. Nach Europa gebracht wurde die Küchenzwiebel (Allium cepa) von den Römern. Im Mittelalter wurden die Zwiebeln oft in Klostergärten angebaut. Den stark duftenden Knollen wurde nachgesagt, dass sie «Krankheiten aus dem Körper ziehen und Böses vertreiben können».
Botanik und Kultur
Botanisch gesehen gehört die Küchenzwiebel zu den Amaryllisgewächsen (Amaryllidaceae) und wird Allium cepa genannt. Allium ist der botanische Name des Lauchs, der Artenname cepa bedeutet Zwiebel.
Hinweis: Wir unterscheiden eine sehr grosse Vielzahl von verschiedenen Zwiebelgewächsen, u.a. die Schalotten, die Schnittzwiebel, den Knoblauch, den Schnittknoblauch und natürlich der hinlänglich bekannte, fein- oder grobröhrige Schnittlauch, um nur einige zu nennen.
In diesem Kräuterbeschrieb möchten wir uns aber auf die Zwiebel/Küchenzwiebel = Alium cepa beschränken.
Die Sommerzwiebeln werden im zeitigen Frühjahr gesät oder gesteckt, um im August/September geerntet zu werden. Die Winterzwiebeln, man könnte sie besser auch Überwinterungszwiebeln nennen, werden im späteren Sommer gesät aber auch gesteckt und erst im kommenden Frühjahr geerntet. Benötigt wird ein durchlässiger und humoser Gartenboden. Seien Sie bitte vorsichtig beim Hacken, denn die Zwiebel ist ein Flachwurzler.
Die Zwiebelstängel sind gleichzeitig auch die Blätter. Sie sind rund, hohl und fleischig. Die Höhe beträgt bis zu 50 cm. Zum Ernten der Zwiebelknolle zieht man die Knolle aus der Erde und lässt sie noch einige Tage auf dem Beet nachreifen. Zum Lagern und Nachtrocknen sollten die Zwiebeln einen kühlen Raum haben. Bekannt und gut zum Lagern geeignet sind auch die schönen, geflochtenen Zwiebelzöpfe.
Verwendung in der Naturheilkunde
Eine bessere und leichter verfügbare Hausapotheke als die Zwiebel kann man wahrlich nicht finden. Als Heilwirkung findet man die Zwiebel praktisch in jedem Buchstaben unseres Alphabetes: A = antibakteriell / B = Blähungen /F = Fieber / H = Heiserkeit / S = Skorbut / V = Verdauung
Es gibt sehr viele Möglichkeiten, die Zwiebel als Heilmittel einzusetzen wie z.B. bei Insektenstichen, indem man eine Zwiebel aufschneidet und mit der Schnittstelle die Stichstelle einreibt. Gedünstete Zwiebelscheiben helfen gegen Nagelbettentzündungen und schlecht heilende Wunden. Zwiebelsaft bringt Linderung bei rheumatischen Beschwerden und bei Flechten und Schuppen.
Die Zwiebel enthält schwefelhaltige Verbindungen, welche beim Zerkleinern enzymatisch zersetzt werden. Bei der Zwiebel entstehen Propanthial S Oxide, welche Augentränen verursachen.
Auch der Schweizer Kräuterpfarrer Künzle (1857 – 1945) berichtete von grosser Heilwirkung: «Die gehackten oder in Scheiben geschnittenen Zwiebeln ziehen den Krankheitsstoff so energisch heraus, dass sie ganz schwarz und übelriechend werden; das Krankheitsgift wird eben von den Zwiebeln aufgenommen». Da sich in früheren Zeiten das «einfache und gemeine Volk» oft keine Arzt- und Medikamentenkosten leisten konnte, war die Zwiebel ein willkommenes Heilmittel gegen allerlei Gebresten.
Bei Fragen über die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten der Zwiebel wenden sie sich an einen Naturheilpraktiker oder ausgewiesenen Drogisten.
Verwendung in der Küche
Die Verwendungsmöglichkeiten der Zwiebel sind je nach Gegend sehr unterschiedlich. Zwiebelkuchen und die Zwiebelsuppe, welche dem Brauchtum nach mit dem Berner Zwiebelmarkt den kulinarischen und auch kulturellen Höhepunkt finden. Gekochte und gedünstete Zwiebeln schmecken mild und eher süsslich und werden deshalb bei uns oft auch als Gemüse verwendet. Bekannt sind vor allem auch gefüllte und gedämpfte Zwiebeln, z.B. mit einer Champignons-Käsefüllung.
Getrocknete Zwiebeln weisen wiederum einen anderen Geschmack auf und entwickeln ein Aroma, welches jenem des Knoblauches sehr ähnlich ist. Getrocknete Zwiebeln sind in den Vereinigten Staaten und auch in Mexiko sehr beliebt und werden dort u.a. zu Chili con Carne verwendet, zusammen mit anderen aromatischen Gewürzen.
In der Küche in Indien werden Zwiebeln sehr häufig als Saucengrundlagen verwendet. Dies war allerdings nicht immer so, denn im alten Indien waren Zwiebeln sehr verpönt und wurden deswegen auch nur wenig gegessen. Die Zwiebel war die Nahrung der Niedrigkasten, da sie als übelriechend galt.
In vielen Ländern der Erde stellt man heute pastenähnliche Gewürzmischungen her, indem man Zwiebeln mit anderen Gewürzen und Kräutern zerreibt. Diese Pasten werden oft zum Marinieren von Fleisch und Fisch verwendet.
Ein Zwiebel-Tarte Tatin eignet sich hervorragend als kreative Beilage zu fast jedem Gericht.
Zutaten für 4 Portionen:
- 250g Blätterteig
- 2 Stück Zwiebeln (halbiert)
- 500ml kräftiger Rotwein
- 1 Stück Lorbeer
- 3 EL Balsamicoessig (dunkel)
- 4 EL Waldhonig
Zubereitung:
- Die Zwiebeln schälen, dabei jedoch den Wurzelansatz nicht entfernen.
- Den Wein mit dem Essig in einen Topf geben und das Lorbeerblatt hineingeben.
- Die Zwiebeln halbieren und zum Rotwein in den Topf geben.
- Zwiebeln für 50 Minuten im Rotwein weichkochen.
- Die Zwiebeln aus dem Sud nehmen, auf einem Teller beiseitestellen.
- Aus dem Blätterteig 4 Kreise von 10cm Durchmesser ausstechen, auf einem Teller bereitstellen.
- Jeweils 1 EL Waldhonig in backfeste Förmchen verteilen, gekochte Zwiebelhälften mit der Schnittstelle gegen unten in die Mitte geben und mit einem ausgestochenen Blätterteig Stück belegen.
- Restlichen Blätterteig zu kleinen Würstchen rollen und im Kreis auf die Blätterteigrondellen legen.
- Im vorgeheizten Backofen bei Umluft für 10 Minuten bei 190 °C backen.
- Tarte Tatin aus dem Backofen nehmen, vorsichtig auf einen Teller stürzen und heiss servieren.
Die Autoren
Christian Fotsch
Christian Fotsch betreut seit 2006 inhaltlich den Kräuternewsletter der EGK-Gesundheitskasse. Er hat sich sein umfangreiches Kräuterwissen autodidaktisch angeeignet und zusammen mit seiner Frau Ursula die Kräuter- und Heilpflanzengärtnerei Silberdistel in Brienz (bis 2010) und bis 2019 das bekannte Kräuter-Hotel «Lindenhof», Brienz, geführt.
Mirko Buri
Mirko Buri kreiert seit 2022 Rezepte für den Kräuternewsletter der EGK. Der ehemalige Gault-Millau-Koch ist Begründer von FOODOO, dem Verarbeiter von aussortiertem Gemüse, das sich im Grosshandel nicht rentabel vermarkten lässt. Vom Food-Waste-Pionier erschienen ist u. a. das Kochbuch «Restenlos glücklich». Bis im März 2020 betrieb er mit «Mein Küchenchef» zudem das erste Anti-Food-Waste-Restaurant der Schweiz.