Löwenzahn
Löwenzahn = Taraxacum officinale // Korbblütler = Asteraceae
Volks- und Flurnamen: «Söiistüdeler», «Schwiiblueme», gemeine Kuhblume, «Dandelion»
Geschichtliches
«Es war einmal ein alter Löwe, der hatte keine Zähne mehr. Er ging wie alle anderen Löwen auf die Jagd, machte aber wegen der fehlenden Zähne keine Beute mehr. So blieb ihm wohl oder übel nichts anderes übrig, als sich von Beeren und feinen Kräutern zu ernähren, was ihm aber sehr widersprach.
Eines Tages fand er bei einem Gang im Wald einen Zahn und er dachte sofort, dass ihm dieser eine, spitzige und scharfe Zahn wohl helfen könnte. Er sprach den auf dem Waldboden liegenden Zahn an und machte ihm einen Vorschlag: ‹Treffen wir eine Abmachung›, sagte der alte, zahnlose Löwe. ‹Du hilfst mir beim Jagen, Beute fangen und beim Beissen und bekommst dafür die Hälfte meiner erjagten Beute›. Da der auf dem Waldboden liegende Zahn nicht laufen konnte, waren sich die Beiden einig und wurden nun ein gutes und aufeinander angewiesenes Paar».
Ein weiser Zauberer machte aus dem alten Löwen und dem Zahn bald einmal eine essbare Wildstaude, die fortan Löwenzahn hiess und noch heute zahlreich auf unseren Wiesen wächst. Wie bei allen Märchen und Fabeln, die teilweise seit alters her überliefert wurden, findet sich auch hier einiges an Wahrheit und Weisheit.
Vom altfranzösischen Wort «Dandelion» mit Ursprung im 15. Jahrhundert (frz. dent de lion = dt. Zahn des Löwen) leitet sich auch unsere Bezeichnung Löwenzahn ab. In der chinesischen Medizin wiederum wird die Pflanze bereits seit dem 7. Jahrhundert nach Christus erwähnt, während sie in Schriften des Abendlandes erstmals um 1485 auftaucht.
Botanik und Kultur
Die «Schwiiblueme» ist eine nahezu unausrottbare Wildpflanze, von der es in den nördlichen, gemässigten Zonen rund 60 verschiedene Arten gibt. Die milchigen Pfahlwurzeln reichen oft bis zu 30 Zentimeter in den Boden. Die frischen, sanftgrünen und zarten Blätter sind meist in flache und grundständige Blattrosetten gegliedert. Nur je ein auffallend gelbes Blütenkörbchen (= Korbblütengewächs) sitzt auf einem der milchig-weissen Stängel.
Der Löwenzahn ist fast überall und in jedem Boden in grossen Mengen verbreitet, wobei sich je nach Standort das Aussehen der Blüten und Blätter verändern kann (z.B. nur kleine Blattrosetten im Hochgebirge).
Der «Söiistüdeler» liebt einen eher sonnigen Standort, ansonsten sind die Blätter anfälliger für Mehltau. Die Pflanze ist vollständig winterhart. Verwendet werden können die Blätter, die Blüten und auch die Wurzeln.
Verwendung in der Naturheilkunde
In der Volksmedizin wird der Tee aus den Löwenzahnblättern gegen Rheuma-, sowie gegen Nieren- und Leberleiden eingesetzt. Der frische Presssaft der «gemeinen Kuhblume» hilft gegen chronische Arthrose und bei degenerierten Erkrankungen der Wirbelsäule.
In alten Schriften ist nachzulesen, dass die «Söiiblueme» gegen mancherlei Gebresten wie Gallenblasen- und Harnwegsbeschwerden, aber auch bei Ekzemen und sogar zur Milderung bei Schuppenflechte und Akne erfolgreich eingesetzt werden könne. Auch neue wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen die Heilkraft dieses «Unkrautes». Als wertvolle Nektarpflanze für Bienen und Hummeln leistet die Pflanze ausserdem einen wichtigen Nutzen für die Natur.
Bei Fragen über die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten des Löwenzahns empfehlen wir Ihnen, sich an einen Naturheilpraktiker oder ausgewiesenen Drogisten zu wenden.
Verwendung in der Küche
Die jungen, gebleichten Blätter des Löwenzahns sind im Frühjahr eine Delikatesse, die man jedem Salat beifügen kann. Dazu werden die doch recht bitteren Blätter mit dunkler und durchlässiger Folie abgedeckt oder zwei Wochen vor der Ernte zu einem Strauss hochgebunden. Der bittere Geschmack der Blätter lässt sich auch mildern, indem man die kleingeschnittenen Blätter für zirka zwei Stunden in handwarmem Wasser ziehen lässt.
Die fein geschnittenen Blätter eignen sich gut als Gewürzbeilage in Suppen, Fonds, aber auch zu Wildgemüsegerichten.
Die kleinen Blütenknospen lassen sich wie Kapern einlegen und können so sehr gut zu Kräuterquark und in würzigen Brotaufstrichen verwendet werden.
Löwenzahngelee oder Honig, hergestellt nach altem Hausrezept, liess als süsse Abwechslung im Speiseplan früher manch Kinderaugen leuchten.
Ein Blütenwein oder auch ein Löwenzahnsirup runden die sonnige Kraft dieser leuchtenden gelben Blüten ab. Die Wurzeln dienen zum Aromatisieren von Bier und alkoholfreien Getränken, sowie von Kräutertonika.
Man kann sich nun fragen, ob man den «Söiistüdeler» bei so viel Kraft und Dynamik wirklich als «Unkraut» bezeichnen darf…
Rezept: Löwenzahn-Pesto
Zutaten für ca. 100 g Pesto:
- 15 g junge Löwenzahnblätter
- 20 g Pinienkerne
- ½ St. Knoblauchzehen
- 2 EL Sbrinz gerieben
- 40 ml Olivenöl
- 40 ml Rapsöl oder Sonnenblumenöl
- Salz
Deko:
- Brot nach Wahl
- ca. 100 g Burrata
-
geviertelte Cherry Tomaten mit wenig Olivenöl beträufelt
-
2 Löwenzahnblüten
-
Schwarzer Pfeffer
Zubereitung:
- Die Pinienkerne in einer Bratpfanne ohne Fett anrösten, bis sie leicht Farbe angenommen haben, danach auskühlen lassen.
- Die geviertelten und leicht gesalzenen Cherrytomaten bei 120 Grad ca. 30 Minuten in den Ofen geben.
- Währenddessen die feinen, noch jungen Löwenzahnblätter gründlich waschen und gut abtropfen lassen oder mit der Salatschleuder schleudern.
- Anschliessend etwas fein schneiden.
- Zusammen mit dem Öl, Knoblauch und den Pinienkernen pürieren.
- Den Sbrinz dazugeben und mischen. Mit etwas Salz abschmecken.
- Das Brot in Scheiben schneiden und mit wenig Pesto bestreichen.
- In einer Pfanne oder im Backofen knusprig rösten.
- Burrata zerzupfen und zusammen mit den Cherrytomaten auf die gerösteten Brotscheiben geben. Löwenzahn-Pesto darüber verteilen.
- Mit etwas grobem schwarzem Pfeffer und den abgezupften Blütenblättern des Löwenzahns bestreuen.
Tipp: Den Rest des Löwenzahn-Pestos in ein sauberes Schraubglas geben, mit wenig Olivenöl bedecken und in den Kühlschrank stellen. Es hält sich mehrere Tage und kann auch zu Pasta oder Frühlingskartoffeln serviert werden.
Die Autoren
Christian Fotsch
Christian Fotsch betreut seit 2006 inhaltlich den Kräuternewsletter der EGK-Gesundheitskasse. Er hat sich sein umfangreiches Kräuterwissen autodidaktisch angeeignet und zusammen mit seiner Frau Ursula die Kräuter- und Heilpflanzengärtnerei Silberdistel in Brienz (bis 2010) und bis 2019 das bekannte Kräuter-Hotel «Lindenhof», Brienz, geführt.
Caro und Tobi Thaler
Caro und Tobi Thaler kreieren seit 2022 Rezepte für den Kräuternewsletter der EGK. Beide haben eine Lehre als Koch absolviert, sich später aber noch in andere Richtungen weiterentwickelt. Caro im Sozialbereich, Tobi in der Technologiebranche. Die Leidenschaft für das Kochen ist geblieben und diese vermitteln sie unter dem Motto «das Leben isst bunt» u. a. auf ihrem Rezeptportal foodwerk.ch. Ganz im Sinne der Familientradition steuert Tochter Liv ab und zu auch schon ein Rezept bei.