Anis
Anis = Pimpinella anisum // Doldenblütler = Apiaceae
Volks- und Flurnamen: Anisch, süsser Fenchel, römischer Fenchel, Aneiskraut
Geschichtliches
Der Ruf des Anis ist berühmt-berüchtigt – man denke nur an die europäische AbsinthProhibition während fast des gesamten 20. Jahrhunderts. Ausgrabungen im Zweistromland Mesopotamien haben ergeben, dass Anis-Samen bereits vor über 4000 Jahren den Toten in die Gräber mitgegeben wurden, um ihnen so eine grosse Ehrerbietung entgegen zu bringen.
Die feine und sehr graziöse einjährige Pflanze wird aber auch bei uns seit Jahrhunderten angebaut. Das Edikt Karls des Grossen im 9. Jahrhundert – jedes Kraut, das im Kloster St. Gallen gezogen würde, sei in allen von ihm verwalteten Ländereien anzubauen – führte zur grossen Verbreitung von Anis in ganz Europa. Im vereinigten Königreich von England wurde Anis so wertvoll, dass darauf Steuern erhoben wurden.
Die Seefahrer und die späteren Siedler brachten Anis bis nach Amerika, wo es in speziellen Heilpflanzen- und Aberglaubengärten weiter kultiviert wurde. Nicht verwunderlich ist es deshalb, dass Anis in verschiedenen Schriften des Aberglaubens und des Brauchtums eine wichtige Rolle spielte.
Botanik und Kultur
Anis ist ein Gewächs, welches viel Sonne und Wärme benötigt. Die Pflanze muss im zeitigen Frühjahr direkt an den Standort gesät und nach der Keimung ausgedünnt werden. Der Gartenboden im Bereich der jungen Pflanzen muss mehrmals gehackt und gejätet werden. Während der anfänglich sehr langsamen Entwicklung der Aniskeimlinge ist die Gefahr der Verunkrautung sehr gross. Da das Saatgut seine Keimkraft nach zwei Jahren verliert, muss stets frisches Saatgut verwendet werden. Die Doldenblüten der Anispflanzen reifen nicht alle gleichzeitig, sondern nacheinander. Für die Ernte der Samen werden die Pflanzen bodennah abgeschnitten, sobald die Früchte an den Spitzen graugrünlich werden.
In den letzten Jahren ist aufgrund des Wettbewerbsdrucks leider ein Rückgang des grossflächig angebauten Anis festzustellen. Der billigere Sternanis, welcher als immergrüner Kleinbaum oder Strauch in Südostasien und in der Karibik angebaut wird, verdrängt unseren heimischen Anis immer mehr vom Markt. Noch ein kleiner Gartentipp – Anis wird in unseren Gärten gerne als Begleitpflanze zur Abwehr von Raupen und Blattläusen gepflanzt.
Verwendung in der Naturheilkunde
Innerlich bei Bronchitis, Verdauungsstörungen, Blähungen, Koliken. In der Volksmedizin galten Aniskringel – eine Art Brot – eingelegt in süssem Bier auch als probates Mittel, um die Liebeslust zu forcieren. Besonders stark soll der Zauber am 30. November wirken. Darum heisst der Andreastag mancherorts auch «Anisch-Tag».
Anis ist schleimlösend und wird innerlich bei Infekten des Rachens, Blasenentzündungen, Gicht und unzureichender Milchbildung eingesetzt. Äusserlich angewendet lindert Anis die Folgen von entzündetem Zahnfleisch und allerlei Wunden.
Auch in Parfüms wird Anisöl verwendet und manch kosmetische Gesichtspackung und Seife enthält die wertvollen Inhaltsstoffe des Aniskrautes.
Bei Fragen zur Anwendung empfehlen wir Ihnen, sich an einen Naturarzt oder ausgewiesenen Drogisten zu wenden.
Verwendung in der Küche
«Zum guten Kochen gehören Liebe, Begeisterung und Gewürze», besagt ein altes Sprichwort. Dies kann man beim feinen Geschmack der Anissamen wahrlich nachfühlen. Meistens werden die Anissamen zu Spirituosen wie Absinth, Raki oder Pastis verarbeitet. Die zerdrückten Samen werden aber auch in Brot, Crèmes und anderen Süssigkeiten verwendet. Bereits bei den Römern – und daran hat sich bis in die heutige Zeit nichts geändert – fand Anis Einzug in die Feinbäckerei und wurde für spezielle Kuchen und Gebäcke verwendet, die bei Festlichkeiten gereicht wurden.
Die frischen Blätter sind aber auch Bestandteil von Salaten, Suppen und Currygerichten. Zerquetscht werden die feinen Anisblätter zu Saucen, zu Gemüsen wie Gurken, Rotkraut und Karotten verwendet. Nach einem festlichen Essen soll man leicht angeröstete Anis-Samen kauen, um so die Verdauung zu unterstützen.
Wir möchten an dieser Stelle noch darauf hinweisen, dass – sofern es sich um Wildsammlung handelt – alle weissblütigen Mitglieder aus der Familie der Doldenblütengewächse = Apiaceae vor dem Verzehr genau identifiziert werden müssen, da sich diese ähneln und teils äusserst giftig sind.
Rezept: Röstinestli mit Anis
Zutaten:
- 600 g Kartoffeln
- ½-1 TL Anispulver
- 3 EL Petersilienblätter, fein geschnitten
- 2 EL Dinkelmehl
- Wenig Kräutersalz
- 1 EL Olivenöl
- 1-2 EL Olivenöl zum Braten
Zubereitung:
- Kartoffeln schälen, auf Röstiraffel reiben.
- Kartoffeln, Anispulver, Petersilienblätter, Dinkelmehl, Kräutersalz und Olivenöl vermischen.
- Olivenöl in eine Bratpfanne geben und erhitzen. Einen Schöpflöffel voll Kartoffeln ins heisse Olivenöl geben, mit dem Löffel flachdrücken. 5-6 Röstinestli in die Pfanne geben, braten bis die erste Seite goldgelb ist, mit der Bratenschaufel wenden und die zweite Seite goldgelb braten
Die Autoren
Christian Fotsch
Christian Fotsch betreibt eine eigene Kräuter- und Heilpflanzengärtnerei in Brienz im Berner Oberland. Zudem obliegt ihm die Pflege der Kräuter- und Heilpflanzengärten im Freilichtmuseum Ballenberg sowie die Produktion von Pflanzen für die alpinen Schaugärten der Ricola AG. In seinen Kursen öffnet er den Teilnehmenden die Augen für die Heilkräfte der einheimischen Pflanzenwelt.
Brigitte Speck
Brigitte Speck ist Ernährungsberaterin mit eigener Praxis. Sie bietet Kochkurse für Kinder an. Dass diese immer ausgebucht sind, beweist, dass sie gesunde Ernährung mit höchstem Genuss zu verbinden weiss. Von ihr sind verschiedene erfolgreiche Kochbücher zum Thema Stevia und Kinderernährung erschienen.