Nachtkerze
Gewöhnliche Nachtkerze = Oenothera biennis // Nachtkerzengewächse = Onagraceae
Flurnamen: Eisenbahnpflanze, Schinkenwurz, Rapontikawurzel
Geschichtliches
Als Flur- und örtlicher Name wird die Nachtkerze hin und wieder auch «Schinkenwurz» genannt, da sich ihre Wurzeln beim Kochen und Garen rötlich-bräunlich verfärben. Ihre Verbreitung in Europa und den angrenzenden Gebieten ist vor allem auf den grossflächigen Anbau als Gemüsepflanze zurückzuführen. Dieser Anbau geht auf das 18. und 19. Jahrhundert unserer Zeitrechnung zurück. Man kann also von der Nachtkerze sagen, dass sie eine eher «junge» Geschichte hat.
Ein Sprichwort behauptet, dass «ein Pfund der Nachtkerzenwurzel so viel Kraft gebe wie ein Zentner Ochsenfleisch». Wie auch immer – die gemeine Nachtkerze zählt bis in die heutige Zeit zu den typischen Pflanzenarten eines bäuerlichen geprägten Gartens. Die Rapontikawurzel wird heute aber meist nur noch als schöne und leuchtende Blüten-Zierpflanze angebaut.
Botanik und Kultur
Die gemeine Nachtkerze wurde ab dem 17. und 18. Jahrhundert als Zierpflanze in Europa eingeführt. Aufgrund ihrer eher späten Einführung und Verbreitung in Europa zählt sie deshalb zu den Neophyten. Nachdem man entdeckt hatte, dass ihre Wurzeln und die jungen Blätter essbar sind, baute man diese Art vielerorts in den Bauerngärten als Gemüse an. Die gemeine Nachtkerze wird durch Aussaat, resp. durch Selbstaussaat vermehrt und kann als einjährige, wie auch als schwach ausdauernde Pflanze kultiviert werden.
Als Standort benötigt dieses verholzende Kraut einen trockenen, kalkhaltigen und eher mageren Boden. Man findet sie deshalb auf sogenannten Ruderalplätzen, an Wegrändern, auf Kiesplätzen und in Sandgruben und Steinbrüchen. Aufgrund ihrer weiten Verbreitung entlang von Eisenbahnlinien wird sie gelegentlich auch als „Eisenbahnpflanze“ bezeichnet. Schon um die Mitte der 1880er Jahre findet man Aufzeichnungen, dass die damals moderne Eisenbahn zur Verbreitung dieser Pflanze beigetragen haben soll. Für ein gutes und optimales Wachstum der gemeinen Nachtkerze sind eher warme Temperaturen und genügend Sonne notwendig. Die Kultur der gemeinen Nachtkerze kann man auf einen kurzen Nenner bringen: einfach!
Hin und wieder kann die Nachtkerze auch von tierischen Schädlingen, u. a. von Läusen, Pilzen oder von Mehltau befallen werden. Neben Schmierseifenpräparaten, Brennnessel- oder Ackerschachtelbrühe finden sich bei Bedarf im Fachhandel viele Bio-Mittel, welche Abhilfe schaffen können. Wenn alles nichts nützen sollte – ein sanfter Rückschnitt auf die zweitunterste Blattachse und der Neuaustrieb wird mit grosser Wahrscheinlichkeit gesund und kräftig sein.
Immer wieder erstaunlich, wie uns die Natur beschenkt: Die hellgelben Blüten der gemeinen Nachtkerze entfalten ihre Blüten erst in der Abenddämmerung und strecken diese dann dem Mond entgegen.
Verwendung in der Naturheilkunde
Die Pflanzenforscherin und Schriftstellerin Sophie Magdalena Grieve (1858 - 1941) wies in ihrem Werk – A Modern Herbal – von 1931 darauf hin, «dass aus den Blättern und Stängelrinde von O. biennis (gemeine Nachtkerze) eine Arznei zur Behandlung von Asthma, Magen-Darm-Problemen, Keuchhusten und bestimmten Frauenbeschwerden bereitet werden kann» (The Royal Horticultural Society – Die neue Kräuterenzyklopädie). Neuere Studien aus den frühen 1980-er Jahren stützen diese Erkenntnisse. Auch die neuere medizinische Forschung sucht Wege, den Samen – welcher die seltene GammaLinolsäure enthält – zu nutzen. Die Forschungsgebiete umfassen u. a. Behandlung bei Psoriasis, Thrombose, Muskelsklerose sowie Probleme während der Menopause. Sollten all diese Forschungen erfolgreich verlaufen, werden wir möglicherweise in naher Zukunft ganze Felder dieser herrlich hellgelben Blumen sehen.
Wir möchten an dieser Stelle erwähnen, dass die wertvollen Inhaltsstoffe der Nachtkerze auch in der Naturkosmetik verwendet werden.
Bei Fragen zur Anwendung empfehlen wir Ihnen, sich an einen Naturarzt oder ausgewiesenen Drogisten zu wenden.
Verwendung in der Küche
Neben den rübenförmigen Pfahlwurzeln sind auch die Blätter, die Blüten und die Samen essbar. Die Wurzeln kocht man wie Schwarzwurzeln oder Pastinaken in Fleischbrühe. Sie können auch in Scheiben geschnitten und mit Essig und Öl angemacht werden. Geerntet werden die Wurzeln vom Herbst des ersten Jahres (Rosettenstadium) bis zum Frühjahr.
Die jungen Blätter können Salaten beigefügt oder auch als Gewürz verwendet werden. In der modernen und neuzeitlichen Kochkunst werden die Blütenblätter auch als essbare Dekoration verwendet.
Für 4 Personen
Zutaten:
- 150 g Nachtkerzenwurzel, geschält (Nachtkerzenwurzeln im Frühling ernten, vor der Blüte)
- 150 g Pastinaken, geschält
- 300 g Karotten, verschiedenfarbige, geschält
- 1 Zwiebel
- 1 EL Olivenöl Bouillon, Gemüse sollte gedeckt sein
- ½ Bund glatte Petersilie
Zubereitung:
- Das Gemüse schälen und in Scheiben schneiden. Zwiebel schälen, fein hacken.
- Das Olivenöl in die Pfanne geben, erhitzen und Gemüse und Zwiebeln im Öl dünsten. Mit Bouillon ablöschen.
- Die Karotten knapp gar kochen. Die Bouillon abgiessen.
- Die Petersilie fein schneiden und am Schluss über die Karotten streuen.
Die Autoren
Christian Fotsch
Christian Fotsch betreibt eine eigene Kräuter- und Heilpflanzengärtnerei in Brienz im Berner Oberland. Zudem obliegt ihm die Pflege der Kräuter- und Heilpflanzengärten im Freilichtmuseum Ballenberg sowie die Produktion von Pflanzen für die alpinen Schaugärten der Ricola AG. In seinen Kursen öffnet er den Teilnehmenden die Augen für die Heilkräfte der einheimischen Pflanzenwelt.
Brigitte Speck
Brigitte Speck ist Ernährungsberaterin mit eigener Praxis. Sie bietet Kochkurse für Kinder an. Dass diese immer ausgebucht sind, beweist, dass sie gesunde Ernährung mit höchstem Genuss zu verbinden weiss. Von ihr sind verschiedene erfolgreiche Kochbücher zum Thema Stevia und Kinderernährung erschienen.