Günsel
Kriechender Günsel – Ajuga reptans L. / Lippenblütengewächs = Lamiaceae
Lokale Flurnamen: Melcherstözen, Riesli, Wundechrut, Buggeln, Wiesengünsel
Geschichtliches
Die Natur hält seit jeher eine grosse Vielzahl von Heilpflanzen und essbaren Wildkräutern bereit. Dazu gehört auch der kriechende Günsel, welcher bereits im 15. Jahrhundert in verschiedenen Schriften erwähnt wurde.
Der englische Gelehrte, Arzt und Apotheker Nicholas Culpeper (1616 – 1654) beschrieb die Eigenschaften des «güldin gunsel» nicht nur als Wundkraut, sondern pries dies auch als Katermittel an – «Wer so klug ist, sich ob ihrer Tugenden in sie zu vernarren, führe stets einen Sirup aus der Blüte zur Einnahme, sowie eine Salbe und ein Pflaster von ihr zur äusserlichen Anwendung bei sich».
Auch in den Kräuterbüchern der «Väter der Botanik» – Hieronymus Bock, Leonhart Fuchs und Otto Brunfels – werden die heilenden Eigenschaften des Günsels ausführlich beschrieben.
Botanik und Kultur
Die meisten der rund 50 ein- bis mehrjährigen Vertreter der Gattung Günsel sind in den gemässigten Zonen Europas und Asiens beheimatet. Einige Arten sind aber auch in Australien anzutreffen.
Der in diesem Newsletter der EGK beschriebene kriechende Günsel (Ajuga reptans) wächst bevorzugt an halbschattigen oder schattigen Orten und ist daher oft im Wald und auf Waldlichtungen anzutreffen. Die mehrjährige Pflanze kann je nach Standort zwischen 15 und 30 Zentimeter hoch werden. Für ein gutes Wachstum ist durchlässiger und humoser Waldboden eine Voraussetzung. Im Frühjahr treibt das verzweigt wachsende Wurzel-Rhizom zunächst glänzend dunkelgrüne Blätter aus. Diese Blätter verfärben sich vielfach leicht rot-bräunlich. Das Blattwerk ist leicht gewellt und kann ausgewachsen bis zu acht Zentimeter lang werden. Von den Ausläufern der Wurzelrhizome hat der kriechende Günsel vermutlich auch seinen heutigen Namen bekommen. Ab Mai wächst der Stängel des kriechenden Günsels in die Höhe und wird zum aufrechten Blütenstängel. Die violetten Lippen-Blüten leuchten in den Monaten Mai und Juni wie eine Kerzenleuchte. Das bei uns mit Flurnamen auch «Riesli» genannte Kraut ist winterhart.
Sofern Sie den kriechenden Günsel nicht in der freien Natur finden können, empfehlen wir Ihnen, sich an eine Wildstaudengärtnerei oder Baumschule zu wenden.
Verwendung in der Naturheilkunde
Der kriechende Günsel kann innerlich als Tee oder Tinktur bei Verdauungsbeschwerden eingesetzt werden und so auf natürliche Weise Linderung bringen. Erwähnenswert ist an dieser Stelle auch, dass dieses Kräutlein speziell gegen Sodbrennen und bei Magengeschwüren eingesetzt wird. Der kriechende Günsel kann auch gegen Entzündungen im Mundraum und im Rachen – also auch gegen Angina – verwendet werden. Da der kriechende Günsel beruhigend wirkt, kann man mit ihm auch Linderung bei Schlaflosigkeit und Nervosität schaffen. Mit seinen entzündungshemmenden, schmerzstillenden und harntreibenden Eigenschaften eignet sich der kriechende Günsel auch hervorragend zur Behandlung rheumatischer Entzündungsprozesse.
Wir möchten an dieser Stelle aber darauf hinweisen, dass Sie sich für Abklärungen an einen ausgewiesenen Naturheilpraktiker oder Drogisten wenden sollten.
Verwendung in der Küche
Mit ihrer grossen Vielfalt können Wildkräuter unsere Küche mit speziellen Rezepten bereichern und so eine Abwechslung in unseren Küchenalltag zaubern. Wer in der freien Natur Pflanzen sammeln und verwenden will, sollte diese aber genau kennen.
Von März bis in den Sommermonat Juli können die jungen Blätter Brat- und Gemüsegerichten als herbes Gewürz beigemischt werden. Da der Grundgeschmack dieses Krautes jenem von Chicorée ähnelt und eher bitter ist, lassen sich damit feine Kräuterquark- und Salatgerichte zaubern. Gemüsefüllungen, Kräuterbrote, Quiche und Eierspeisen sind weitere Gerichte in einer Naturküche, bei denen dieses spezielle Kraut eingesetzt werden kann.
Zutaten:
- 2 EL Olivenöl
- 1 Zwiebel
- 6 Eier
- 1 dl Wasser
- wenig Kräutersalz
- 1 Handvoll Günselblättchen und -blüten
Zubereitung:
- Zwiebel fein hacken.
- Eier, Wasser und Kräutersalz schaumig rühren. Günselblättchen und -blüten beigeben.
- Olivenöl in einer kleinen Bratpfanne erhitzen. Eiermasse zugeben und auf kleinem Feuer stocken lassen.
- Die Frittata ist zum Essen bereit, sobald auf der Oberfläche keine Flüssigkeit mehr sichtbar ist.
Die Autoren
Christian Fotsch
Christian Fotsch betreibt eine eigene Kräuter- und Heilpflanzengärtnerei in Brienz im Berner Oberland. Zudem obliegt ihm die Pflege der Kräuter- und Heilpflanzengärten im Freilichtmuseum Ballenberg sowie die Produktion von Pflanzen für die alpinen Schaugärten der Ricola AG. In seinen Kursen öffnet er den Teilnehmenden die Augen für die Heilkräfte der einheimischen Pflanzenwelt.
Brigitte Speck
Brigitte Speck ist Ernährungsberaterin mit eigener Praxis. Sie bietet Kochkurse für Kinder an. Dass diese immer ausgebucht sind, beweist, dass sie gesunde Ernährung mit höchstem Genuss zu verbinden weiss. Von ihr sind verschiedene erfolgreiche Kochbücher zum Thema Stevia und Kinderernährung erschienen.