Linde
Linden – Tilia / Malvengewächs = Malvaceae
Geschichtliches
«Am Brunnen vor dem Tore, da steht ein Lindenbaum; ich träumte in seinem Schatten so manchen süssen Traum. Ich schnitt in seine Rinde so manches liebe Wort; es zog in Freud und Leide – zu ihm mich immer fort, zu ihm mich immer fort». In diesem bekannten Volkslied (Text: Wilhelm Müller 1822 / Musik: Franz Schubert 1827) kommt die grosse Kraft und auch Symbolik, die man den Lindenbäumen zuspricht, klar zum Ausdruck.
Einige sinnliche Gedanken zur Linde in den Worten von Bruno Hardt-Warden: «Vor meinem Vaterhaus steht eine Linde; vor meinem Vaterhaus steht eine Bank. Und wenn ich sie einst wiederfinde, dann bleib ich dort mein Leben lang. Dann wird die Linde wieder rauschen ihr liebes altes Heimatlied, mein ganzes Herz wird ihr dann lauschen, das oft in Träumen heimwärts zieht! Mein ganzes Herz wird ihr dann lauschen – wer weiss, wer weiss, wann das geschieht».
Der Lindenbaum wird seit über 3000 Jahren immer wieder in den verschiedensten abendländischen Kulturen beschrieben und besungen. Es ist ein Baum mit einer unerhörten Kraft und Ausstrahlung. Die Linde wurde oft in Gedichten, Liedern und Märchen beschrieben und auch besungen.
In verschiedenen alten Schriften wird beschrieben, dass in früheren Zeiten aus dem Rindenbast sogar Kleider und Papier hergestellt worden sind. Bereits die Pfahlbauer woben daraus Matten und Textilien. Später stellte man Seile und Körbe aus der weichen Innenseite der Rinde her. Die Linde gilt auch als Baum der Kommunikation – oft für ein Liebespaar!
Botanik und Kultur
Die Linde ist ein Baum des Volkes. Lindengewächse – Tiliaceae – erreichen auf frischem, tiefgründigem und gut mit Luft versorgtem Boden eine Höhe von bis zu 40 Metern. Ungefähr bis zum 60. Altersjahr wächst der Baum nicht sehr schnell. Danach reckt er sich dann aber rasch in die Höhe, um nach etwa 120 Jahren sein Höhenwachstum abzuschliessen.
Die Linde wächst in ganz Europa bis auf Höhen von 1000 Metern über Meer. Wir finden sie in Mischwäldern, an Waldrändern, in Hecken oder als Einzelbaum. Linden gehören zu den eindrücklichsten Bäumen und haben eine sehr hohe Lebenserwartung. Sie können über 1000 Jahre alt werden, haben sie doch die Fähigkeit, sich immer wieder zu verjüngen. Deshalb gelten Linden auch als ewige Jungbrunnen.
Es gibt ungefähr 45 Lindenarten. Bei uns kennen wir vor allem die Sommer- und die Winterlinde sowie die holländische Linde, welche eine Kreuzung zwischen der Sommer- und der Winterlinde ist. Die Sommerlinde blüht einige Wochen später als die Winterlinde, welche bis in die nördlichen Gebiete Skandinaviens und den Ural anzutreffen ist, und ist in Europa weniger stark verbreitet. Die Linde ist bei uns häufig auch als Einzelbaum – Solitär – anzutreffen.
Es gibt auch bei uns in der Schweiz einige sehr stattliche Linden. Erwähnenswert sei an dieser Stelle die dickste Sommerlinde der Schweiz. Diese steht in Aebnit bei Burgistein und ist mit 11.10 Metern Stammumfang wirklich sehr eindrücklich. Ihr Alter wird auf 550 Jahre geschätzt. Bekannt ist auch die Sommerlinde von Linn im Aargau mit einem Stammumfang von 11.05 Metern und einem geschätzten Alter von mehr als 600 Jahren, und damit sicher eine der ältesten Linden in unseren Breitengraden.
Verwendung in der Naturheilkunde
Bäume – vor allem auch Linden – können Blitze anziehen oder uns vor solchen schützen. Sie können aber auch das Wohlbefinden von uns Menschen und von Tieren positiv oder negativ beeinflussen. Linden wurden oft als Schicksalsbäume, in Erinnerung an bestimmte Ereignisse, gepflanzt. Während der Pestzeit wurden Linden gepflanzt, um die Krankheit von Haus und Hof fernzuhalten. Von alters her ist bekannt, dass die Linde eine grosse Heilwirkung hat, die auch heute noch genutzt wird. Lindenblütentee zum Beispiel wirkt schleimlösend und wird unter anderem auch bei Fieber, Grippe und Erkältungskrankheiten eingesetzt. Der Tee wirkt krampflösend, beruhigend und schlaffördernd.
Früher verwendete man auch die Blätter, den Saft und die Rinde zu Heilzwecken. Aus Lindenholz hergestellte Kohle war ein wichtiges Gesundheitsmittel bei der täglichen Zahnpflege.
Auch für kosmetische Anwendungen werden Lindenblätter genutzt. Sie werden als Tee zubereitet, der dann zum Waschen dient und Linderung bei leicht entzündlicher und angespannter Haut bringen kann. Die Linde ist jedoch nicht nur für die Naturheilkunde wichtig. Lindenholz wird in der Holzbildhauerei, der Brienzer Schnitzerei und der Drechslerei oft verwendet, denn das weiche Holz ist angenehm zu bearbeiten. Es eignet sich gut für Skulpturen oder Haushaltsgegenstände wie Schüsseln und Löffel, um nur einige zu nennen.
Bei Fragen zur Anwendung empfehlen wir Ihnen, sich an einen Naturarzt oder ausgewiesenen Drogisten zu wenden.
Verwendung in der Küche
Bekannt ist natürlich der Lindenblütentee. Die Sammelzeit der Blüten (Flores tiliae) erstreckt sich auf die Zeitspanne ab Ende Mai bis in den Juli hinein. Aus diesen Blüten lässt sich auch ein feiner Sirup herstellen. Die Linde ist eine beliebte Bienenweide und der Honig aus diesem magischen Baum ist gesund und schmeckt wirklich sehr gut.
Erwähnt sei an dieser Stelle auch, dass im zeitigen Frühjahr, wenn die Blätter noch jung und zart sind, diese auch als Salate oder als Beilage zu Suppen verarbeitet werden können.
Für 4 - 5 Gläser
Zutaten:
- 1 Handvoll Lindenblüten
- 1 Liter Wasser
- 4 EL Zucker
- 1 1/2 Zitronen
- 2-3 dl Mineralwasser mit Kohlensäure
- 8-10 Erdbeeren
- Eiswürfel
Zubereitung:
- Lindenblüten in den Krug geben. Ein paar Blüten für die Garnitur beiseite legen.
- Wasser kochen und über die Lindenblüten giessen. Mindestens 5 Minuten ziehen lassen. Zucker zugeben. Tee auskühlen lassen.
- Zitronen auspressen, zum Tee geben. Mineralwasser zugeben. Umrühren.
- Erdbeeren in Stücke schneiden. Auf 4-5 Gläser verteilen. Tee dazugiessen. Pro Glas 2-3 Eiswürfel beigeben. Am Schluss mit einer Lindenblüte verzieren.
Die Autoren
Christian Fotsch
Christian Fotsch betreibt eine eigene Kräuter- und Heilpflanzengärtnerei in Brienz im Berner Oberland. Zudem obliegt ihm die Pflege der Kräuter- und Heilpflanzengärten im Freilichtmuseum Ballenberg sowie die Produktion von Pflanzen für die alpinen Schaugärten der Ricola AG. In seinen Kursen öffnet er den Teilnehmenden die Augen für die Heilkräfte der einheimischen Pflanzenwelt.
Brigitte Speck
Brigitte Speck ist Ernährungsberaterin mit eigener Praxis. Sie bietet Kochkurse für Kinder an. Dass diese immer ausgebucht sind, beweist, dass sie gesunde Ernährung mit höchstem Genuss zu verbinden weiss. Von ihr sind verschiedene erfolgreiche Kochbücher zum Thema Stevia und Kinderernährung erschienen.